Elisabeth Brandau: «Mit jedem Erfolg steigt der Druck»


Elisabeth Brandau bei der MTB-EM 2019 in Brünn. Foto: Traian Olinici
Elisabeth Brandau bei der MTB-EM 2019 in Brünn. Foto: Traian Olinici
28.05.2020 | Schönaich (rad-net) - Elisabeth Brandau hat als Sportlerin eine beeindruckende, wenn auch ungewöhnliche Karriere hingelegt. Neben ihrer beruflichen Laufbahn als Kälteanlagenbauerin und dem Meisterbrief, hat die zweifache Mutter aus Schönaich auch zwei Karrieren auf dem Rad verfolgt - erst auf der Straße und dann auf dem Mountainbike. Nun sprach die heute 34-Jährige über ihren Werdegang im Radsportgeschäft sowie den mentalen Druck, der mit dem Leistungssport kommt.

Angefangen habe Brandaus Karriere mit dem Rennen um Schönaich, das ihr Vater 1998 mitorganisiert habe. «In den Spiel-Ferien hat mein knapp zwei Jahre jüngerer Bruder bei den Rad-Wettbewerben mitgemacht und ich dachte, was der kann, das kann ich auch und bin auch mitgefahren. Ich habe bei den Jungs, glaube ich, gewonnen», erinnert sie sich an ihre Anfänge zurück. Damals sei sie zwölf Jahre alt gewesen und der RSC Schönaich habe bei dem Rennen ihr Talent erkannt.

Das Interesse am Radfahren sei allerdings schon vor ihrer ersten Lizenz 1999 vorhanden gewesen. «In der dritten Klasse habe ich mal einen Malwettbewerb gewonnen, als ich zwei Fahrräder gemalt habe. Thema war: was machst du mit deiner Freundin am liebsten», erzählt die zweifache Mutter. Mitte 1999 sei sie dann von den damaligen Landestrainern Udo Kolross und Wolfgang Ruser entdeckt worden, die sie zu Lehrgängen mitgenommen haben. Das habe ihr den Start erheblich erleichtert.

«2000 bin ich im ersten Jahr schon die Deutsche Jugend-Meisterschaft auf der Straße in Unna gefahren, da war ich 14. Im gleichen Jahr hatte ich den ersten Nationalmannschaft-Einsatz beim Ländervergleich Italien-Deutschland in Alpirsbach» berichtet Brandau. 2001 habe sie dann die TMP Jugendtour in Waltershausen gewonnen. «Ich hatte ein eigenes neues Rad bekommen, ein Lance-Armstrong-Rad. Ich war voll happy.» Aber 2003 beendete Elisabeth Brandau nach der Weltmeisterschaft ihre Karriere als Rennfahrerin auf der Straße. Die Schule gemeinsam mit den Trainingsplänen habe sie überfordert: «Ich habe Ende 2002 eine Ausbildung zuhause angefangen, weil ich dachte, es wird einfacher als mit dem Abitur. Ich hatte eh schon Probleme im Feld zu fahren und das wäre bei den Frauen noch schwieriger geworden.»

Insgesamt sei sie mit dem Druck damals nicht gut umgegangen, weshalb sie ihre Karriere so schlagartig beendet habe. Da in ihrer Familie auch sonst keine Leistungssportler gewesen seien, habe damals auch die Erfahrung mit dem Umgang gefehlt: «Mein Selbstwertgefühl war nicht so gut und ich habe viel persönlich genommen. Vielleicht war es auch nicht das Selbstvertrauen, sondern eher mein Über-Ehrgeiz, der mich kaputt gemacht hat. Ich war immer unzufrieden, egal über was.»

Nach einer fünfjährigen Pause ist Brandau dann schließlich wieder mit einer Lizenz eingestiegen. Dieses Mal jedoch im Bereich Mountainbike. Damals habe sie an einem 24-Stunden-Rennen in München teilnehmen wollen: «Ich habe heute noch eine Narbe davon, weil ich immer in der gleichen Kurve gestürzt bin. In der letzten Runde habe ich die Kurve geschafft. Darüber habe ich mich so gefreut, dass ich mich dafür in der nächsten Kurve hingelegt habe.» Das Rennen ist sie damals noch als Hobbyfahrerin gefahren, obwohl sie sich kurz zuvor einen Bänderriss zugezogen hatte: «Ja, ich hatte so eine Schiene dran. Ich war dann gar nicht so schlecht und habe andere Leute kennen gelernt. Über das Forum MTB-News bin ich dann zum Mountainbiken gekommen.»

Während der «Night Rides», die sie damals öfter bestritten habe, sei sie dann ihrem ehemaligen Schulkameraden Axel Strohm begegnet, mit dem sie ab dem Zeitpunkt öfter trainiert habe. «Ich weiß nicht mehr genau, aber irgendwie bin ich 2007 dann zum Marathon nach St. Ingbert gekommen», erzählt Brandau weiter von ihrem Weg in die Mountainbike-Szene. Damals habe sie das Hobbyrennen gewonnen und sei vom Team Best-Bike-Parts von Lukas Kubis überredet worden, eine Lizenz zu lösen. Nach ihrem ersten Marathonsieg sei eine zweite Karriere jedoch noch nicht für sie absehbar gewesen, erzählt Brandau: «Damals war das kein Gedanke, es hat mir halt Spaß gemacht. Ich habe von Lukas das Fahrrad bekommen, wir haben uns getroffen, sind mit dem Camper weg gefahren, haben gegrillt, Bier getrunken, ich war das einzige Mädel und wir sind am nächsten Tag halt Marathon gefahren.» Die Lizenz habe damals lediglich als Versicherung gedient. Nach diesem Startschuss ist die 34-Jährige seitdem insgesamt dreimal zur Deutschen Meisterin im Marathon (2008, 2011, 2012) gekürt worden.

Mit der Aufnahme in die Nationalmannschaft durch Nationaltrainer Frank Brückner sei die Fahrerin schließlich auch zum Cross-Country gekommen. «Ich wurde zum Leistungstest eingeladen und Frank sagte mir, ich hätte die besten Daten, besser als die von Sabine Spitz [2008 Olympiasiegerin, Anm. d. Red.]. Ich müsste mich auf Cross-Country konzentrieren, damit ich Olympia fahren könnte», erzählt Brandau, die 2009 bei ihrem ersten Weltcup in Madrid jedoch nur unter den letzten zehn Fahrerinnen in Ziel kam.

Auch die nächsten Rennen verliefen zunächst nicht optimal, doch Brandau weiß, dass das viel mit dem dahinter stehenden Druck, in diesem Fall der Aussicht auf Olympia, zu tun hat: «Wenn ich was Neues mache, lässt man mich noch in Ruhe. Aber mit jedem Erfolg kommt bei mir mehr Druck. Anstatt einfacher, wird es bei mir immer komplizierter. Das ist meine Schwäche. Keine Ahnung warum.» Mittlerweile ist die Fahrerin auch zweifache Deutsche Meisterin sowie EM-Dritte im Cross-Country, hat im Cyclo-Cross vier Deutsche Meisterschaftstitel, sowie WM-Erfahrungen mit einer Platzierung unter den Top Fünf.

Das letzte große Ziel für die gelernte Kühlanlagenbauerin, die mittlerweile ein Geschäft rund um den Fahrrad-Service betreibt, waren ursprünglich die Olympischen Spiele 2020, nach denen sie ihre Karriere beenden wollte. Nun werde sie ihre Pläne vermutlich um ein Jahr verschieben: «Wenn die Olympischen Spiele 2021 stattfinden, mache ich das noch. Ohne Olympia vermutlich nicht. Allerdings bin ich gespannt, wie die Qualifikations-Kriterien neu aufgelegt werden. Das ist alles noch ziemlich schwammig.»

Insgesamt schaut Eisabeth Brandau auf zwei ereignisreiche Karrieren zurück und bewertet ihre Laufbahn kritisch: «Vermutlich hätte ich von meinem Talent her auf der Straße mehr erreichen können. Anderseits war das Bewegen im Feld und Taktik nie mein Ding. Mich hätte es schon noch gereizt in einem Profi-Straßenteam zu fahren, das gut organisiert ist.» Die Karriere im Mountainbike sei trotzdem die richtige Wahl im zweiten Schritt gewesen. «Da bist du mehr bei den Zuschauern und es geht um deine individuelle Leistung. Das liegt mir. Was im Mountainbike für mich ein Problem ist, das ist die zusätzliche Belastung durch das Punktesammeln für die Nationenwertung, damit man sich die Startplätze erkämpft. Dadurch entsteht auch viel Reiserei. Ich halte das für einen Systemfehler.»


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